Filesysteme à la Carte

von
Gregor Franz

Eines der Merkmale, die für die Modernität des Amiga-Betriebssystems bis in die heutige Zeit stehen, ist das Konzept des gleichzeitigen Miteinanders unterschiedlichster Filesysteme.

In diesem Artikel dreht es sich allerdings nur um den zusätzlichen Einsatz des ProfessionalFileSystem (PFS), dem Vorläufer des bekannten AFS und des MultiFileSystem (MFS) in Verbindung mit dem klassischen FastFileSystem des AmigaDOS und/oder CrossDOS.

Die anderen Filesysteme möchte ich jetzt gleich am Anfang aber zumindest einmal erwähnt haben. Da sind zum einen einige CD-Filesysteme, die sich um den Datenaustausch mit CD-ROM-Laufwerken kümmern, z.B. AsimCDFS, das MultiUserFileSystem (MuFS), welches die MultiUser-Fähigkeit von UNIX auf dem Amiga nachzuahmen versucht und das AFS (AmigaFileSave).

AFS warb damit, Festplattenzugriffe zu beschleunigen und ersetzt für diese Aufgabe das Amiga-FFS. Benutzer, die AFS im Dauereinsatz hatten, berichteten mir anfangs euphorisch von den Vorteilen. Mittlerweile, nach einigen seltsamen Problemen, wie Datenverlusten und nicht zuletzt auch aufgrund unzureichender Recover-Möglichkeiten, sind sie aber wieder zum altbewährten FFS zurückgekehrt. Nach meinen letzten Informationen gibt es im Moment keinen Support mehr für AFS.

PFS - Geschwindigkeitswunder oder Daten-GAU?

Nun aber zum eigentlichen Thema: Wenn das PFS, wie erwähnt, der Vorläufer vom AFS ist, kann es dann nicht Probleme bereiten? Eigentlich nicht, denn es ist nur für Diskettenoperationen zuständig und läuft parallel zum FFS.

Warum eigentlich?

Warum soll man aber PFS überhaupt einsetzen? PFS hat gegenüber den original FFS-Floppy-Zugriffen einige Vorteile, der wichtigste ist sicherlich die Geschwindigkeit.

Wie zu vermuten liegt sie teilweise sehr deutlich über dem doch oft sehr gemächlichen FFS, selbst wenn dieses mit DirectoryCaching `getunt` wurde. Mit PFS dagegen wirken sich Operationen wirklich wie auf ein Directory aus. Umbenennungen oder Löschungen von Dateien passieren sofort, ohne langes rumschrappeln auf der Disk. Aber auch bei reinen Schreib-/ Lesevorgängen, wo es ja nicht von diesem Vorteil zehren kann, hat das PFS die Nase vorn, was ich später mit Messungen belegen werde.

Installation und Verwendung

Das Einrichten des PFS ist sehr leicht: einfach das Filesystem nach L: kopieren (eine 020er optimierte Version wird mitgeliefert) und die beiden DOS-Driver nach Devs/DosDrivers, je nach den verwendeten Laufwerken. Wenn man nicht erst booten will, sollte man sie jetzt nochmal doppelklicken und das war es dann auch schon.

Die Laufwerke werden jetzt als PF0: etc. angesprochen. So gut wie alle CLI-Kommandos funktionieren für das PFS genauso wie gewohnt, nur hoffentlich schneller. Auch die AmigaDOS Filebenennungs-Restriktionen sind genauso geblieben. Für den, der sie vielleicht nicht genau im Kopf hat, hier zur Kenntnis:

Maximale Disknamen-Länge 32 Zeichen, maximale Filenamen-Länge 108 Zeichen und maximale Kommentarlänge 80 Zeichen.

Mehrere Laufwerke unterstützt PFS genauso, wie auch HD-Laufwerke, wo sich Geschwindigkeitsdefizite ja besonders schmerzhaft bemerkbar machen. Achso: einen wichtigen Unterschied gibt es doch noch. PFS-Disketten können nicht `bootbar` gemacht werden. Aber das ist wohl zu verschmerzen, denn wer bootet heute schon noch von Diskette? ;)

Vorteile

Ein Vorteil wiederum ist, daß bereits formatierte FFS-Disks zu PFS-Disketten schnellformatiert (umformatiert) werden können, genauso wie andersherum, was natürlich viel Zeit spart.

Neben einer Unterbringung von bis zu 10% mehr Daten auf einer PFS-Disk, wirbt der Programmautor Michiel Pelt aus Holland auch mit einer niemals auftretenden Validierung bei PFS-Disketten. Damit hat er auch recht, allerdings gibt es Situationen, wo mir das eventuell noch lieber wäre.

Nachteile

Wenn man nicht aufpaßt, kann es nämlich dazu kommen, daß PFS-Disketten plötzlich nicht mehr lesbar sind. Ich brauche nicht zu erwähnen, daß es nichts ärgerlicheres gibt. Wichtig, um zu wissen, wie man das vermeiden kann, ist die Ursache zu kennen.

PFS behandelt die Directory-Daten eigenständig. Wenn z.B. nach einem Kopiervorgang das Floppylämpchen aufhört, zu leuchten, so darf man nicht den Fehler machen, die Diskette voreilig zu entnehmen, denn nach einer Pause von vielleicht einer Sekunde schreibt PFS die neuen Directory- Einträge und das Lämpchen leuchtet also noch einmal kurz auf. Im Extremfall kann in solchen Fällen die Diskette später nicht mehr gelesen werden. Also immer noch kurz warten und erst dann entnehmen.

Womit wir auch bei dem Haken an der Sache sind. Für PFS existieren keine Salvage-oder Recoverprogramme, die Disketten bzw. verlorengegangene oder versehentlich gelöschte Daten wiederherstellen können. Bei einem Mindestmaß an Sorgfalt treten aber auch bei dauerhaftem Betrieb keinerlei Probleme auf.

Geschwindigkeit

Doch nun zu den versprochenen Geschwindigkeitsvergleichen, die mir einiges an Zeit und Mühe abverlangt haben. 75 Files mit insgesamt 841 KByte wurden vom RAM zur Disk und zurück kopiert und dabei die Zeit in Sekunden genommen. Danach wurde das Directory eingelesen und die Disk gelöscht. All das mit PFS, FFS und FFS mit DirectoryCaching, jeweils mit DD- und HD- Diskette.

HD-DiskPFSFFSFFS(+DC)
Write51335421
Read427675
ShowDir <1165
Delete11827
DD-DiskPFSFFSFFS(+DC)
Write50213275
Read457267
ShowDir<1121
Delete12229

Die Unterschiede sind eklatant. HD-Disketten werden ca. 7 bis 8mal schneller geschrieben, DD-Disketten immerhin noch 4 bis 5mal. Das FFS mit DirectoryCaching kommt auch ohne den Vergleich zum PFS erstaunlicherweise erschreckend schlecht weg. Da muß man sich wirklich fragen, ob das so eine große Verbesserung zum normalen OS3.0-FFS darstellt.

MFS - Alles unter einen Hut gebracht

Das MultiFileSystem ist gar kein Filesystem im klassischen Sinn. Es ist eigentlich nur ein Aufsatz auf die anderen Filesysteme.

Wenn Sie neben normalen FFS-, auch PC- und PFS-Disketten einsetzen, so erscheint auf ihrer Workbench je Laufwerk und also Diskette für jedes Filesystem ein Diskettensymbol. Eines der Filesysteme wird (hoffentlich) die Diskette erkennen und ihren Namen und gegebenenfalls auch Inhalt anzeigen, aber die restlichen lassen mit `NoDOS-Disk` ihre Unkenntnis des Formates erkennen.

Unpraktisch auch die Angabe der jeweiligen Bezeichnung der Diskette in Programmen oder der Shell als z.B. DF0:, PC0: oder PF0:, auch wenn es sich immer um das interne Laufwerk handelt, davon abgesehen, daß einige meist ältere Programme oft sehr unflexibel DF0: voraussetzen.

Was bring's?

Dank MFS ist damit Schluß! Egal von welchem Format die Diskette ist, wird sie jetzt immer mit DF0: angesprochen und nur ein Symbol erscheint auf der Workbench bzw. eine Laufwerksbezeichnung in Requestern.

Installation

Die automatische Installation geht flott und problemlos von statten. Dabei werden im wesentlichen ein Handler nach L: verschoben, ein eigenes Commodity kopiert und der FORMAT- und DISKCOPY-Befehl des AmigaDOS gepatcht, so der Benutzer dies bestätigt. Bei Devs/DosDrivers werden neue Verzeichnisse mit den Bezeichnungen der im System verwendeten Floppy- Laufwerke angelegt, z.B. DF0: usw., in die die jeweiligen DOSDriver kopiert werden müssen. Nach dem nächsten booten läuft das MFS.

Funktionsweise / Modi

Aber wie wird erkannt, ob man beispielsweise beim Formatieren das PC- und nicht das Amiga-Format verwenden möchte? Für die Workbench greift der Patch, der nun im Requester zusätzliche Auswahlknöpfe mit den anderen Filesystemen zur Verfügung stellt. Programme, die nicht den original Format-Befehl der WB nutzen, ignorieren dies aber.

Für sie und um immer eine konkrete Kontrolle über die Filesysteme ausüben zu können existiert das MFS-Commodity. Mit seiner Hilfe kann man blitzschnell ein quasi physikalisches Laufwerk (DF0: etc.) anwählen und per CycleGadget zwischen Automatik-Modus oder den diversen Filesystemen umschalten.

Wenn hier z.B. der CrossDOS-Modus angewählt ist, so versucht nur das PC- Filesystem auf die Floppy zuzugreifen. Wenn eine Diskette kopiert wird, kann man sich dann sicher sein, daß dem Datenaustauch mit einem PC nichts im Wege steht, man also nicht später plötzlich etwa mit einer Amiga-Disk am PC hantiert. Wenn die eingelegte Diskette nicht im eingestellten Modus formatiert ist, so wird sie, wie erwähnt, als `NoDOS-Disk` angezeigt.

Der Automatik-Modus erkennt automatisch das jeweilige Format der eingelegten Diskette und führt alle Operationen dementsprechend aus. Wenn Daten auf die Disk kopiert werden, dann also auch in derem Format. Andere Programme können mit Hilfe des CycleGadgets auch gezwungen werden, Disketten mit speziellen Filesystemen zu formatieren.

Außerdem kann man mit dem Commodity bei einer frisch eingelegten Diskette schnell erkennen, um was für ein Format es sich eigentlich handelt.

Weitere Informationen

So weit also zum Vorteil des Einsatzes dieser beiden Filesysteme. Auf weitere Möglichkeiten die Arbeit mit Disketten und Festplatten zu erleichtern, gehe ich in meinem WBTuning-Kurs ein, der in dieser Ausgabe (allerdings mit einem anderen Thema) begonnen wird.

Quelle:Aminet
Programmautoren:PFS- Michiel Pelt, Holland
MFS- Nicola Salmoria, Italien


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